Donnerstag, 31. Oktober 2013
CHASEN wird an dem diesjährigen Austausch von JETRO...
...als einzige deutsche Firma teilnehmen.
Bis zum 14.11.2013 werden wir uns deshalb in Japan aufhalten, um neue Tees und neue Geschmacksrichtungen für Sie zu finden.
Geschrieben von B.Wohlleben
um
16:05
Samstag, 11. Mai 2013
Auf der Suche nach dem neuen Shincha
Am 15.05.2013 werden wir in Uji eintreffen...
Geschrieben von B.Wohlleben
um
13:47
Samstag, 5. Mai 2012
Das letzte AKW ist vom Netz - Japan ist atomstromfrei
Ab heute gehen in Japan die Lichter auch ohne Atomstrom an. Denn heute wird das letzte von 54 Atomkraftwerken zwecks Revision abgeschaltet: das AKW Tomari auf der Insel Hokkaido. Für die japanische Regierung ist das eine einzigartige Chance. Folgt sie dem Rat ihrer Experten und dem Wunsch vieler Bürger, dann bleiben die Meiler für immer vom Netz.
Geschrieben von B.Wohlleben
um
09:50
Dienstag, 3. April 2012
Aus Fukushima nichts gelernt
Gut ein Jahr nach der Atom-Katastrophe von Fukushima hat Japan seine Grenzwerte für die Strahlenbelastung von Lebensmitteln drastisch verschärft. Maximal noch 100 Becquerel pro Kilogramm Cäsium sind zugelassen, bisher waren es 500. Die Europäische Union übernimmt diese strengeren Grenzwerte von heute an (01.04.2012) - allerdings nur für Produkte, die aus Japan importiert werden. Lebensmittel aus Europa oder zum Beispiel aus der Tschernobyl-Region dürfen weiterhin viel höher belastet sein: mindestens sechs Mal so hoch wie japanische Produkte.
Erst vor wenigen Tagen hatte der "Spiegel" über eine unveröffentlichte Studie des Bundesamtes für Strahlenschutz berichtet. Fazit: In puncto Lebensmittelsicherheit haben Deutschland und die EU aus Fukushima offenbar nichts gelernt. Die Grenzwertpolitik ist widersprüchlich und schützt die Bevölkerung nicht ausreichend vor Gesundheitsgefahren:
• Lebensmittel, die nicht aus Japan kommen - und das sind die allermeisten - dürfen mindestens sechs Mal so hoch belastet sein wie japanische Produkte.
• Selbst in den von Tschernobyl betroffenen Staaten Ukraine und Weißrussland gelten teilweise strengere Grenzwerte als in der EU. Die Folge: Lebensmittel, die dort nicht in den Handel dürfen, sind bei uns frei für den Verkauf.
Erst vor wenigen Tagen hatte der "Spiegel" über eine unveröffentlichte Studie des Bundesamtes für Strahlenschutz berichtet. Fazit: In puncto Lebensmittelsicherheit haben Deutschland und die EU aus Fukushima offenbar nichts gelernt. Die Grenzwertpolitik ist widersprüchlich und schützt die Bevölkerung nicht ausreichend vor Gesundheitsgefahren:
• Lebensmittel, die nicht aus Japan kommen - und das sind die allermeisten - dürfen mindestens sechs Mal so hoch belastet sein wie japanische Produkte.
• Selbst in den von Tschernobyl betroffenen Staaten Ukraine und Weißrussland gelten teilweise strengere Grenzwerte als in der EU. Die Folge: Lebensmittel, die dort nicht in den Handel dürfen, sind bei uns frei für den Verkauf.
Geschrieben von B.Wohlleben
um
12:27
Montag, 2. Januar 2012
Neues in 2012, dem Drachenjahr
Liebe Teegemeinde,
nach einem turbulenten Jahr 2011 ist CHASEN froh, Ihnen weiterhin hochwertigen japanischen Tee zu fairen Preisen anbieten zu können.
Die Laborergebnisse der Strahlungswerte in Japan, wie auch die der deutschen Institute haben für unsere bisherigen Teelieferungen nie die Grenzwerte überschritten. Sie lagen im Gegenteil weit unterhalb der Grenzwerte für Babynahrung.
Doch auch an uns ist das Kriesenjahr 2011 nicht spurlos vorbei gegangen. Wir mussten aufgrund des ungünstig gewordenen Yen - EURO - Wechselkurses die Preise für einige Teesorten und Keramikprodukte anpassen.
Wie Sie vielleicht bemerkt haben, werden wir in Kürze unseren Online-Shop in Betrieb nehmen. Dadurch werden Bestellvorgänge für Sie vereinfacht und flexibler gestaltet. Natürlich können Bestellungen wie bisher auch per Telefon, Fax oder Email vorgenommen werden.
nach einem turbulenten Jahr 2011 ist CHASEN froh, Ihnen weiterhin hochwertigen japanischen Tee zu fairen Preisen anbieten zu können.
Die Laborergebnisse der Strahlungswerte in Japan, wie auch die der deutschen Institute haben für unsere bisherigen Teelieferungen nie die Grenzwerte überschritten. Sie lagen im Gegenteil weit unterhalb der Grenzwerte für Babynahrung.
Doch auch an uns ist das Kriesenjahr 2011 nicht spurlos vorbei gegangen. Wir mussten aufgrund des ungünstig gewordenen Yen - EURO - Wechselkurses die Preise für einige Teesorten und Keramikprodukte anpassen.
Wie Sie vielleicht bemerkt haben, werden wir in Kürze unseren Online-Shop in Betrieb nehmen. Dadurch werden Bestellvorgänge für Sie vereinfacht und flexibler gestaltet. Natürlich können Bestellungen wie bisher auch per Telefon, Fax oder Email vorgenommen werden.
Mittwoch, 14. Dezember 2011
Grün ist die Hoffnung (aus 'Der Tagesspiegel' 12.12.2011, Autor: Silvia von der Weiden)
Grüner Tee gilt als heilsam. Manche behaupten sogar, er helfe gegen Alzheimer und Multiple Sklerose. Jetzt gehen Forscher der Legende vom Gesundheitstrunk auf den Grund.
Grüner Tee. - Foto: dpa
Sanft wiegt sich der jadegrün, bisweilen auch goldgelb funkelnde Spiegel in der Tasse und lädt zum Genuss des frisch gebrühten Getränks ein. Grüner Tee entfaltet ein Aroma, das je nach Sorte und Zubereitung von süßlich-blumig über frisch-grasig bis herb-rauchig reicht. Andere erinnert es eher an Heu oder Fisch. Dafür aber erweckt grüner Tee Körper und Geist zu neuem Leben, so jedenfalls steht es in alten Aufzeichnungen. Diese berichten, dass der chinesische Kaiser Shen-Nung, der in seinem Heimatland auch als Vater der Heilkunde verehrt wird, die Kraft des grünen Tees vor mehr als 4000 Jahren erkannte, als er sich von seinen Geschäften ermattet im Garten seines Palastes mit einer Tasse Wasser niederließ.
Der Wind wehte ein Blatt des Teestrauchs in seine Tasse und verlieh dem Wasser eine intensive grüne Färbung. Neugierig probierte der Herrscher das Getränk und fühlte sich schon wenig später wunderbar erfrischt und munter. Die Geburt der Legende vom Gesundheitstrunk.
Nicht nur am Geschmack scheiden sich die Geister. Die Industrie bewirbt grünen Tee erfolgreich als Getränk, das Wohlbefinden steigern, gegen Stress und Alltagswehwehchen und auch gegen ernsthafte Erkrankungen wirken soll und beruft sich dabei sogar auf die Wissenschaft. Tatsächlich kommen Untersuchungen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Konsum von grünem Tee die Sterblichkeitsrate senkt. „Es gibt aber leider nur sehr wenige Studien, welche die gesundheitlichen Wirkungen von grünem Tee bei einer ausreichenden Zahl von Menschen untersucht haben“, sagt Susann Klaus vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam. Und diese wurden alle in Asien gemacht.
Beeindruckende Ergebnisse lieferte etwa die größte epidemiologische Studie an über 40 000 Japanern. Die 2006 veröffentlichte Langzeituntersuchung ergab, dass bei Menschen, die ihr Leben lang mindestens fünf Tassen grünen Tee am Tag tranken, die Sterblichkeit um insgesamt 16 Prozent niedriger war als bei jenen Menschen, die nur eine Tasse grünen Tee tranken. Die Sterblichkeit durch Herzkreislauferkrankungen sank gar um 26 Prozent. „Unklar ist, welchen Einfluss Ernährung und Lebensstil haben. Deshalb ist fraglich, ob die ausschließlich an Asiaten durchgeführten Untersuchungen auf Europäer übertragbar sind“, warnt Klaus. Offen sei auch, welche Auswirkungen das Zusammenspiel der zahlreichen Inhaltsstoffe von grünem Tee auf den Organismus haben.
Was ist also dran an den Versprechen? Diese Frage stellten sich kürzlich auch Wissenschaftler beim vierten Weltkongress über Tee und Gesundheit in Berlin. Im Brennpunkt des Interesses steht ein Stoff, der in den getrockneten Blättern des grünen Tees besonders reich enthalten ist: Epigallocatechin-3-Gallat, kurz EGCG. Der Naturstoff hat sich vor allem in Experimenten mit Zellkulturen als „heißer Kandidat“ herauskristallisiert. Ihm werden entzündungshemmende Eigenschaften zugesprochen, er soll zellschädigende Sauerstoffmoleküle abfangen, die etwa beim Rauchen entstehen, Viren und Bakterien abtöten, Nervenzellen vor dem Verfall schützen und Tumoren den Garaus machen, ein medizinischer Tausendsassa.
Über 100 klinische Studien untersuchen derzeit seine Wirkung, darunter gegen Erkrankungen der Nervensystems, Brust-, Darm- und Lungenkrebs, Übergewicht und Herz-Kreislaufleiden, berichtet der Neurologe Professor Friedemann Paul von der Berliner Charité. Doch nur selten könnten die Studien für mehr Transparenz sorgen, denn sie seien schwer vergleichbar: „Die dabei eingesetzten Präparate sind nicht standardisiert. Es gibt Teeaufgüsse und Kapseln, die unterschiedliche Konzentrationen von EGCG enthalten und zum Teil mit Zusatzstoffen, wie etwa Koffein, angereichert sind. Das erschwert eine Bewertung der Ergebnisse. So gibt es keine klaren Aussagen über die Bioverfügbarkeit der Substanz und auch keine klaren Aussagen darüber, wie viel von der Substanz gegeben werden muss, um eine positive Wirkung zu erzielen.“
Mit vier klinischen Studien, welche die Wirkung von EGCG zur Behandlung von Multipler Sklerose, Alzheimer und krankhaftem Muskelabbau vom Typ Duchenne untersuchen, gehen die Berliner Forscher der Sache nun auf den Grund. Dabei werden die Patienten per Zufallsauswahl in zwei Gruppen aufgeteilt. Alle Teilnehmer nehmen täglich eine Kapsel ein. Doch nur eine Gruppe erhält damit den Wirkstoff EGCG. Die anderen Kapseln sind ohne Wirkstoff. Weder der verabreichende Arzt noch die Patienten wissen, zu welcher Gruppe jeder Proband gehört. Mit Ergebnissen der aufwendigen Studie ist frühestens Ende 2012 zu rechnen.
Den Anstoß zu den Studien hatten ermutigende Ergebnisse von Forschern am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch gegeben. 2006 hatten Erich Wanker und Kollegen in Laborversuchen die schützende Wirkung von EGCG bei Chorea Huntington entdeckt. Die Wissenschaftler hatten die Substanz mit Nervenzellen in Kontakt gebracht, die aufgrund eines genetischen Defekts ein fehlerhaftes Protein, das sogenannte Huntingtin, bilden und schließlich an dem giftigen Eiweißmüll ersticken. Beim Menschen führt das zu einer tödlich verlaufenden Krankheit, die mit bizarren Bewegungen und schweren Schüttelkrämpfen einhergeht. Im Reagenzglas jedoch konnte EGCG die Entartung der Nervenzellen aufhalten, indem es bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Verklumpung des falsch gefalteten Proteins bremst. Auch im Tiermodell zeigte die Substanz Wirkung. Bei Fliegen, welche das Gen mit der fehlerhaften Bauanweisung für das Huntingtin-Eiweiß tragen, verbesserte sich die Beweglichkeit, als die Forscher sie mit der Substanz aus dem grünen Tee fütterten.
Die überraschenden Befunde lösten eine Lawine neuer Forschungsarbeiten aus. Schlummerten in dem Naturstoff weitere verborgene Talente? „Die Substanz könnte Grundlage für die Entwicklung einer medikamentösen Therapie gegen Chorea Huntington und ähnliche Krankheiten sein. Denn die Ursachen der Huntington-, Alzheimer- und Parkinsonerkrankung sind vergleichbar: ein falsch gefaltetes Protein“, gab sich Wanker seinerzeit überzeugt. Er sollte recht behalten.
Schon wenig später konnte seine Arbeitsgruppe nachweisen, dass EGCG die Protein-Fehlfaltungsprozesse auch bei Parkinson und Alzheimer beeinflusst. Im Mausmodell zeigte der Naturstoff positive Wirkung, indem er die für Alzheimer typische Bildung von krankhaften Eiweißklumpen in den Nervenzellen verhinderte. Die Forscher konnten auch klären, wie EGCG in den Mechanismus eingreift. Die Substanz bindet zunächst an die giftigen, faserigen Eiweißablagerungen und wandelt diese dann in harmlose, kleine Eiweißkügelchen um. Diese können die Nervenzellen abbauen. Vereinfacht ausgedrückt, leistet der Wirkstoff kranken Nervenzellen Hilfe zur Selbsthilfe. Noch aber wissen die Forscher nicht, was sich dabei auf molekularer Ebene abspielt. „Wir versuchen jetzt mit Strukturbiologen den Wirkmechanismus von EGCG im Detail bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen aufzuklären. Das liefert uns hoffentlich Anhaltspunkte, wie ein Medikament wirken kann“, sagte Wanker auf der Berliner Tagung.
Nicht immer entpuppt sich der Wirkstoff aus dem grünen Tee als Retter aus der Not. Zwar hat EGCG in Tierexperimenten nachweisbare Effekte gegen einige Krebsformen gezeigt, darunter Leukämie, Prostata-, Brust und Darmkrebs, indem es die Immunabwehr stimuliert. Und in einigen Fällen konnte der Wirkstoff das Tumorwachstum aufhalten, weil er das blockierte Programm für den programmierten Zelltod wieder aktivierte. Die Deutsche Krebshilfe hofft deshalb auf den Stoff und finanziert unter anderem eine große Studie zum Schutz vor Darmkrebs. Doch könnte es auch Fälle geben, in denen sich die schützende Wirkung in ihr Gegenteil verkehrt.
Inzwischen haben Forscher Hinweise darauf, dass EGCG die Chemotherapie behindert, wenn dabei der Antikörper Bortezumib zum Einsatz kommt. Den Schluss zieht die Gruppe um Axel Schönthal von der Keck School of Medicine in Los Angeles aus Versuchen an tumorkranken Mäusen und Experimenten mit Zellkulturen. Beim Menschen wird Bortezumib zur Behandlung des multiplen Myeloms, einer Krebserkrankung des Knochenmarks eingesetzt. Wie die Experimente zeigten, bindet EGCG an einen Teil des Medikaments und blockiert so seine krebsabtötende Wirkung vollständig. Die Forscher gehen davon aus, dass davon auch Patienten betroffen sein könnten, die mit Bortezomib behandelt werden und raten diesen, lieber keinen grünen Tee zu trinken.
Solange die Effekte des grünen Tees nicht besser verstanden sind, rät der Neurologe Friedmann Paul auch von Selbstmedikation mit Grüntee-Extrakten, wie sie beispielsweise als Polyphenon E beworben werden, ab. „Damit wird nur Kasse gemacht und es kann zu erheblichen Nebenwirkungen kommen“, warnte er auf der Berliner Tagung. Dagegen könnten ein bis drei Liter grüner Tee pro Tag nicht schaden.
Grüner Tee. - Foto: dpa
Sanft wiegt sich der jadegrün, bisweilen auch goldgelb funkelnde Spiegel in der Tasse und lädt zum Genuss des frisch gebrühten Getränks ein. Grüner Tee entfaltet ein Aroma, das je nach Sorte und Zubereitung von süßlich-blumig über frisch-grasig bis herb-rauchig reicht. Andere erinnert es eher an Heu oder Fisch. Dafür aber erweckt grüner Tee Körper und Geist zu neuem Leben, so jedenfalls steht es in alten Aufzeichnungen. Diese berichten, dass der chinesische Kaiser Shen-Nung, der in seinem Heimatland auch als Vater der Heilkunde verehrt wird, die Kraft des grünen Tees vor mehr als 4000 Jahren erkannte, als er sich von seinen Geschäften ermattet im Garten seines Palastes mit einer Tasse Wasser niederließ.
Der Wind wehte ein Blatt des Teestrauchs in seine Tasse und verlieh dem Wasser eine intensive grüne Färbung. Neugierig probierte der Herrscher das Getränk und fühlte sich schon wenig später wunderbar erfrischt und munter. Die Geburt der Legende vom Gesundheitstrunk.
Nicht nur am Geschmack scheiden sich die Geister. Die Industrie bewirbt grünen Tee erfolgreich als Getränk, das Wohlbefinden steigern, gegen Stress und Alltagswehwehchen und auch gegen ernsthafte Erkrankungen wirken soll und beruft sich dabei sogar auf die Wissenschaft. Tatsächlich kommen Untersuchungen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Konsum von grünem Tee die Sterblichkeitsrate senkt. „Es gibt aber leider nur sehr wenige Studien, welche die gesundheitlichen Wirkungen von grünem Tee bei einer ausreichenden Zahl von Menschen untersucht haben“, sagt Susann Klaus vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam. Und diese wurden alle in Asien gemacht.
Beeindruckende Ergebnisse lieferte etwa die größte epidemiologische Studie an über 40 000 Japanern. Die 2006 veröffentlichte Langzeituntersuchung ergab, dass bei Menschen, die ihr Leben lang mindestens fünf Tassen grünen Tee am Tag tranken, die Sterblichkeit um insgesamt 16 Prozent niedriger war als bei jenen Menschen, die nur eine Tasse grünen Tee tranken. Die Sterblichkeit durch Herzkreislauferkrankungen sank gar um 26 Prozent. „Unklar ist, welchen Einfluss Ernährung und Lebensstil haben. Deshalb ist fraglich, ob die ausschließlich an Asiaten durchgeführten Untersuchungen auf Europäer übertragbar sind“, warnt Klaus. Offen sei auch, welche Auswirkungen das Zusammenspiel der zahlreichen Inhaltsstoffe von grünem Tee auf den Organismus haben.
Was ist also dran an den Versprechen? Diese Frage stellten sich kürzlich auch Wissenschaftler beim vierten Weltkongress über Tee und Gesundheit in Berlin. Im Brennpunkt des Interesses steht ein Stoff, der in den getrockneten Blättern des grünen Tees besonders reich enthalten ist: Epigallocatechin-3-Gallat, kurz EGCG. Der Naturstoff hat sich vor allem in Experimenten mit Zellkulturen als „heißer Kandidat“ herauskristallisiert. Ihm werden entzündungshemmende Eigenschaften zugesprochen, er soll zellschädigende Sauerstoffmoleküle abfangen, die etwa beim Rauchen entstehen, Viren und Bakterien abtöten, Nervenzellen vor dem Verfall schützen und Tumoren den Garaus machen, ein medizinischer Tausendsassa.
Über 100 klinische Studien untersuchen derzeit seine Wirkung, darunter gegen Erkrankungen der Nervensystems, Brust-, Darm- und Lungenkrebs, Übergewicht und Herz-Kreislaufleiden, berichtet der Neurologe Professor Friedemann Paul von der Berliner Charité. Doch nur selten könnten die Studien für mehr Transparenz sorgen, denn sie seien schwer vergleichbar: „Die dabei eingesetzten Präparate sind nicht standardisiert. Es gibt Teeaufgüsse und Kapseln, die unterschiedliche Konzentrationen von EGCG enthalten und zum Teil mit Zusatzstoffen, wie etwa Koffein, angereichert sind. Das erschwert eine Bewertung der Ergebnisse. So gibt es keine klaren Aussagen über die Bioverfügbarkeit der Substanz und auch keine klaren Aussagen darüber, wie viel von der Substanz gegeben werden muss, um eine positive Wirkung zu erzielen.“
Mit vier klinischen Studien, welche die Wirkung von EGCG zur Behandlung von Multipler Sklerose, Alzheimer und krankhaftem Muskelabbau vom Typ Duchenne untersuchen, gehen die Berliner Forscher der Sache nun auf den Grund. Dabei werden die Patienten per Zufallsauswahl in zwei Gruppen aufgeteilt. Alle Teilnehmer nehmen täglich eine Kapsel ein. Doch nur eine Gruppe erhält damit den Wirkstoff EGCG. Die anderen Kapseln sind ohne Wirkstoff. Weder der verabreichende Arzt noch die Patienten wissen, zu welcher Gruppe jeder Proband gehört. Mit Ergebnissen der aufwendigen Studie ist frühestens Ende 2012 zu rechnen.
Den Anstoß zu den Studien hatten ermutigende Ergebnisse von Forschern am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch gegeben. 2006 hatten Erich Wanker und Kollegen in Laborversuchen die schützende Wirkung von EGCG bei Chorea Huntington entdeckt. Die Wissenschaftler hatten die Substanz mit Nervenzellen in Kontakt gebracht, die aufgrund eines genetischen Defekts ein fehlerhaftes Protein, das sogenannte Huntingtin, bilden und schließlich an dem giftigen Eiweißmüll ersticken. Beim Menschen führt das zu einer tödlich verlaufenden Krankheit, die mit bizarren Bewegungen und schweren Schüttelkrämpfen einhergeht. Im Reagenzglas jedoch konnte EGCG die Entartung der Nervenzellen aufhalten, indem es bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Verklumpung des falsch gefalteten Proteins bremst. Auch im Tiermodell zeigte die Substanz Wirkung. Bei Fliegen, welche das Gen mit der fehlerhaften Bauanweisung für das Huntingtin-Eiweiß tragen, verbesserte sich die Beweglichkeit, als die Forscher sie mit der Substanz aus dem grünen Tee fütterten.
Die überraschenden Befunde lösten eine Lawine neuer Forschungsarbeiten aus. Schlummerten in dem Naturstoff weitere verborgene Talente? „Die Substanz könnte Grundlage für die Entwicklung einer medikamentösen Therapie gegen Chorea Huntington und ähnliche Krankheiten sein. Denn die Ursachen der Huntington-, Alzheimer- und Parkinsonerkrankung sind vergleichbar: ein falsch gefaltetes Protein“, gab sich Wanker seinerzeit überzeugt. Er sollte recht behalten.
Schon wenig später konnte seine Arbeitsgruppe nachweisen, dass EGCG die Protein-Fehlfaltungsprozesse auch bei Parkinson und Alzheimer beeinflusst. Im Mausmodell zeigte der Naturstoff positive Wirkung, indem er die für Alzheimer typische Bildung von krankhaften Eiweißklumpen in den Nervenzellen verhinderte. Die Forscher konnten auch klären, wie EGCG in den Mechanismus eingreift. Die Substanz bindet zunächst an die giftigen, faserigen Eiweißablagerungen und wandelt diese dann in harmlose, kleine Eiweißkügelchen um. Diese können die Nervenzellen abbauen. Vereinfacht ausgedrückt, leistet der Wirkstoff kranken Nervenzellen Hilfe zur Selbsthilfe. Noch aber wissen die Forscher nicht, was sich dabei auf molekularer Ebene abspielt. „Wir versuchen jetzt mit Strukturbiologen den Wirkmechanismus von EGCG im Detail bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen aufzuklären. Das liefert uns hoffentlich Anhaltspunkte, wie ein Medikament wirken kann“, sagte Wanker auf der Berliner Tagung.
Nicht immer entpuppt sich der Wirkstoff aus dem grünen Tee als Retter aus der Not. Zwar hat EGCG in Tierexperimenten nachweisbare Effekte gegen einige Krebsformen gezeigt, darunter Leukämie, Prostata-, Brust und Darmkrebs, indem es die Immunabwehr stimuliert. Und in einigen Fällen konnte der Wirkstoff das Tumorwachstum aufhalten, weil er das blockierte Programm für den programmierten Zelltod wieder aktivierte. Die Deutsche Krebshilfe hofft deshalb auf den Stoff und finanziert unter anderem eine große Studie zum Schutz vor Darmkrebs. Doch könnte es auch Fälle geben, in denen sich die schützende Wirkung in ihr Gegenteil verkehrt.
Inzwischen haben Forscher Hinweise darauf, dass EGCG die Chemotherapie behindert, wenn dabei der Antikörper Bortezumib zum Einsatz kommt. Den Schluss zieht die Gruppe um Axel Schönthal von der Keck School of Medicine in Los Angeles aus Versuchen an tumorkranken Mäusen und Experimenten mit Zellkulturen. Beim Menschen wird Bortezumib zur Behandlung des multiplen Myeloms, einer Krebserkrankung des Knochenmarks eingesetzt. Wie die Experimente zeigten, bindet EGCG an einen Teil des Medikaments und blockiert so seine krebsabtötende Wirkung vollständig. Die Forscher gehen davon aus, dass davon auch Patienten betroffen sein könnten, die mit Bortezomib behandelt werden und raten diesen, lieber keinen grünen Tee zu trinken.
Solange die Effekte des grünen Tees nicht besser verstanden sind, rät der Neurologe Friedmann Paul auch von Selbstmedikation mit Grüntee-Extrakten, wie sie beispielsweise als Polyphenon E beworben werden, ab. „Damit wird nur Kasse gemacht und es kann zu erheblichen Nebenwirkungen kommen“, warnte er auf der Berliner Tagung. Dagegen könnten ein bis drei Liter grüner Tee pro Tag nicht schaden.
Geschrieben von B.Wohlleben
um
19:08
Montag, 8. August 2011
Japan, 149 Tage nach Fukushima (aus Berliner Morgenpost 07.08.2011, Autor: Peter Issig)
Seit der Atomkatastrophe meiden ausländische Touristen das Land. Dabei ist die Strahlung in Tokio nicht höher als in Deutschland. Ein Lagebericht
Herr Mizichiro Iwawuchi ist zuversichtlich. Er ist Marketing-Chef eines kleinen Supermarkts zwei Blocks von der Ginza, Tokios bekanntester Einkaufsstraße, entfernt. Das Sortiment ist bunt: Einfache Sesamcracker und spezielle Buchweizen-Nudeln finden sich hier ebenso wie zahlreiche Sorten von Sake-Spirituosen. Es gibt getrocknete Shiitake-Pilze, deren Züchter schon das dritte Mal den ersten Preis bei einem nationalen Pilzwettbewerb gewonnen hat. In einem Regal stehen neben lackierten Schalen schwarze Teekannen aus Eisen, in denen das Wasser weich und der Tee aromatischer wird. Alle Produkte stammen aus der Provinz Iwate. Seit 13 Jahren unterhält die Provinzverwaltung den Laden, um regionale Spezialitäten dem Hauptstadt-Publikum schmackhaft zu machen. In diesem Jahr brummt das Geschäft. Der Gewinn werde sich wohl auf 100 Millionen Yen (knapp eine Million Euro) verdoppeln, sagt der Mann aus Iwate.
Iwate ist eine Provinz im Norden Japans. Auf Karten, die die radioaktive Belastung nach der Reaktorkatastrophe zeigen, reicht die gefährliche Markierung an die Region heran. Viel schlimmer ist aber die Zerstörung, die der Tsunami am 11. März anrichtete. Die Küste ist verwüstet, Dörfer sind verschwunden, die Fischindustrie existiert nicht mehr. Die Tokioter unterstützen die Tsunami-Region, sie kaufen im Iwate-Supermarkt mehr ein als jemals zuvor. Angst vor radioaktiver Verseuchung ist kein Thema. Bei den Touristen umso mehr.
Seit der Dreifach-Katastrophe im März - Erdbeben, Tsunami und Explosionen in den Atomreaktoren in Fukushima Dai-ichi - meiden die Reisenden das Land. Im Katastrophenmonat ging der Auslandstourismus, verglichen mit dem Vorjahr, um 70 Prozent zurück. Im Mai habe der Rückgang noch bei 50 Prozent gelegen, sagt Kenji Jimbo, Vizepräsident der nationalen japanischen Tourismusorganisation (JNTO). Während der innerjapanische Tourismus fast wieder auf dem üblichen Niveau ist, bereitet es den Touristen aus Übersee noch Unbehagen, in ein verwundetes Land zu reisen. Japan hat 23 000 Menschen verloren, noch immer leben rund 100 000 Entwurzelte in Notunterkünften.
Es ist aber vor allem die diffuse Furcht vor freigesetzter Radioaktivität aus Fukushima, das rund 250 Kilometer nordöstlich von Tokio liegt. So hört man als Japan-Reisender immer wieder dieselbe Frage: "Haben Sie keine Bedenken, verstrahlt zu werden?" In Deutschland steckt eine tiefe Verunsicherung dahinter. In Japan schwingt ein spöttischer bis sarkastischer Unterton mit: Ausländer, die Tokio nach dem Erdbeben schnell per Flugzeug verlassen haben, werden mitunter nicht "Gai-jin" (so bezeichnen Japaner alle Nichtjapaner), sondern ironisch "Fly-jin" genannt.
Die Zurückhaltung der Reisenden ist indes keine spezifisch deutsche Angst. Aus Deutschland kamen im Mai 2011 im Vergleich zum Vorjahresmonat 59,8 Prozent weniger Besucher. Für Südkorea, das mit Abstand wichtigste Land für den japanischen Tourismus, betrug der Rückgang 58,3 Prozent, aus China reisten 47,8 Prozent weniger Touristen ein. Die Tendenz ist aber wieder steigend. "Wir hoffen, dass wir im Herbst und Winter auf dem alten Niveau sein werden", sagt Tourismusmanager Jimbo und versichert, dass der Reisende keine Beeinträchtigung zu fürchten hat.
Wer nicht gerade in die Fukushima-Region fährt, die schon vor der Katastrophe kein bevorzugtes touristisches Ziel war, spürt wenig von der Katastrophe. Allenfalls ist es wärmer: Um Strom zu sparen, werden die Klimaanlagen zurückgedreht. In öffentlichen Gebäuden stehen sie jetzt nicht bei 18, sondern bei 25 Grad, wenn draußen feuchte 35 Grad herrschen. Den Heerscharen uniformierter Angestellter (schwarzer Anzug, weißes Hemd, Aktentasche) wurde Marscherleichterung erlaubt. Sie dürfen auf das Jackett verzichten, wenn sie ins Büro hetzen und abends nach dem obligatorischen Barbesuch mit Kollegen gut gelaunt zur U-Bahn wanken. Dort hängen Plakate, die zum Stromsparen aufrufen. Der Appell wird offenbar befolgt.
Blickt Wolfgang Krüger, Chef des noblen "Shangri-La"-Hotels, nachts aus dem 37. Stock auf Tokio, vermisst er das eine oder andere erleuchtete Highlight. Ihm komme Tokio nachts regelrecht "gedimmt" vor, sagt er. Tagsüber aber läuft die 13-Millionen-Einwohner-Stadt mit voller Kraft, vor allem um die großen Bahnhöfe herum. Die Station Shinjuku passieren, wie vor dem Erdbeben, täglich 3,5 Millionen Reisende, die Gegend ist weiterhin nobel und teuer. Auf der nahen Omotesando, einer französisch anmutenden Allee im Stadtteil Shibuya, geben sich Gucci- und Comme-des-Garçons-Kunden die Klinke in die Hand, als sei nichts geschehen. Unweit, in Harajuku, sind Jugendliche wie eh und je auf der Suche nach billiger und schriller Mode. Besucher aus Europa sieht man indes so gut wie nirgendwo in der Stadt.
Auch nicht an touristischen Brennpunkten wie dem Sensoji-Heiligtum in Asakusa, Tokios ältestem Tempelgelände. Dafür gehen hier Japaner ein und aus. In schweren Zeiten wie diesen kann ein zusätzliches Gebet, ein Wunschzettel, ein zusätzlich entzündetes Räucherstäbchen nicht schaden. Ein meterhoher Lampion am Eingangstor weist den Weg zum Tempel, gleichwohl wird das Viertel von einem anderen Gebäude dominiert: der Zentrale der Asahi-Brauerei, einem güldenen Hochhaus mit weißer Krone, dessen Form einem Bierglas nachempfunden ist, verantwortlich dafür ist der Architekt Philippe Starck. Fernöstlicher Tempel und westlicher Designer-Chic - ein typischer Kontrast in Japan.
Bisher war das Spannungsverhältnis zwischen verschlossenem Autarkie-Streben und weltoffener Ökonomiedenke in Japan scheinbar unter Kontrolle. Politik und Gesellschaft kennzeichnete der Wille zur Konfliktvermeidung und zum Konsens in allen Bereichen. Nach Fukushima aber gibt es eine spürbare Dissonanz, eine Vertrauenskrise der Institutionen. Die Zeitungen widmen viele Seiten der Atomenergie-Diskussion. Die Versäumnisse der Atommanager werden dokumentiert. Minister müssen dem öffentlichen Druck weichen. In Umfragen sprechen sich bis zu 70 Prozent der Befragten gegen Kernenergie aus. Widerstand regt sich. Auch Reiseführerin Chigiri Sahashi hat sich politisiert. Die resolute 60-Jährige ist einer Bürgerbewegung gegen Atomkraft beigetreten.
Ihre Mitglieder treffen sich aber nicht zur Demo auf der Straße, sondern im Internet. Im Netz werden auch die aktuellen Strahlenwerte veröffentlicht. Abgesehen von der Region um das Kernkraftwerk Fukushima sind sie unbedenklich, für Tokio werden sogar niedrigere Werte gemeldet als für New York oder Berlin. Der TÜV Rheinland liefert der deutschen Botschaft täglich selbst gemessene Strahlenwerte. Sie unterscheiden sich nicht wesentlich von den japanischen Messergebnissen. Es sieht also so aus, als sei alles im grünen Bereich.
In Tokio glaubt man nur zu gern daran. Fünf Uhr morgens, auf dem Tsukiji-Fischmarkt läuft schon lange alles wie früher. Nur in den ersten Tagen nach dem Beben herrschte Flaute, längst wird in den Auktionshallen wieder der Thunfisch gehandelt, tonnenweise. Mit Taschenlampen kontrollieren die Händler das Fleisch. An ihren Ständen schneiden sie vor den Augen der Kunden mit langen Messern feine Tranchen ab. Man achtet auf Qualität und gibt viel Geld für erstklassige Ware aus, wie vor der Katastrophe. Auch die Sushi-Lokale neben dem Markt sind gut besucht wie eh und je. Die Frage, ob der leckere Fisch, der hier serviert wird, vielleicht gestern noch im Pazifik am Kraftwerk Fukushima vorbei geschwommen ist, stellt sich offenkundig niemand; Geigerzähler hat jedenfalls kein Besucher dabei.
Je weiter die Reise von Tokio nach Südwesten geht, umso mehr verblassen die Gedanken an die Katastrophe. Am hoch gelegenen Ashinoko-See in der Region Hakone suchen die Tokioter Ruhe und klare Luft. Letzteres finden sie nur bedingt vor, denn hier ist vulkanisches Land, es dampft und raucht aus Felsspalten und riecht nach Schwefel. Das war aber auch vor dem Erdbeben schon so, deshalb betreibt man hier "business as usual" und steigt zur kontemplativen Entspannung in die traditionellen Onsen, die Gemeinschaftsbäder mit Blick in die grüne Natur, die mit dem warmen, schwefelhaltigen Wasser gespeist werden. Mit etwas Glück verzieht sich sogar der Wolkenturm, der hartnäckig den 3776 Meter hohen Fujisan verdeckt.
Geschäftig geht es auch zwei Zugstunden weiter südlich zu, in Kyoto. In der alten Kaiserstadt fällt die Orientierung leicht. Die Straßen sind schachbrettartig angeordnet, es gibt viele Straßenschilder mit lateinischen Buchstaben. Paläste, Tempel, Schreine und andere Weltkultur-Erbstücke sind einfach zu erreichen, viele Guides sprechen passabel Englisch - man hat sich in Kyoto gut eingestellt auf Besucher, vor allem auf ausländische. Doch anders als vor dem Beben bleiben diese Besucher jetzt aus, man begegnet kaum einem europäischen Touristen.
Trotzdem ist die Stadt lebhaft, aber nur dank japanischer Urlaubergruppen. Das Manga-Museum ist für Comic-Fans Pflicht und bestens besucht. Im Gion-Viertel mit seinen alten Holzhäusern reihen sich ausgezeichnete Restaurants und Bars aneinander, sie sind brechend voll. Hier kann man auch Maikos besuchen, junge Mädchen, die sich zur Geisha ausbilden lassen. Maskenhaft geschminkt und in Kimonos gekleidet empfangen manche auch Touristengruppen und berichten von ihrem Beruf, den zu erlernen fünf Jahre dauert. Erst dann sind sie perfekte Tänzerinnen, Sängerinnen, Künstlerinnen, Gastgeberinnen. Sie sehen ihren Beruf als Berufung, als absolut ehrenwert. Fragen von Westlern, ob es nicht an der Zeit wäre, ihr überkommenes Rollenbild zu überdenken, quittieren sie mit Unverständnis.
Dieses gegenseitige Nicht-Verstehen des Lebensgefühls, des Wertesystems des anderen, scheint symptomatisch zu sein, auch jetzt, in Zeiten der Krise. Yvonne ist ein weiteres Beispiel hierfür. Die 23-Jährige ist "Goodwill Guide", die es an vielen touristischen Stätten in Japan gibt: Englisch sprechende Rentner, Hausfrauen, Studenten, die Spaß daran haben, Besuchern kostenlos ihre Stadt zu zeigen. Yvonne studiert Wirtschaft und Tourismus in Kyoto. Am 11. März, dem Tag des großen Bebens, war sie in Singapur. Am nächsten Tag, als viele Westler Japan fluchtartig verließen, flog sie zurück nach Kyoto. Für sie war das keine Frage.
Herr Mizichiro Iwawuchi ist zuversichtlich. Er ist Marketing-Chef eines kleinen Supermarkts zwei Blocks von der Ginza, Tokios bekanntester Einkaufsstraße, entfernt. Das Sortiment ist bunt: Einfache Sesamcracker und spezielle Buchweizen-Nudeln finden sich hier ebenso wie zahlreiche Sorten von Sake-Spirituosen. Es gibt getrocknete Shiitake-Pilze, deren Züchter schon das dritte Mal den ersten Preis bei einem nationalen Pilzwettbewerb gewonnen hat. In einem Regal stehen neben lackierten Schalen schwarze Teekannen aus Eisen, in denen das Wasser weich und der Tee aromatischer wird. Alle Produkte stammen aus der Provinz Iwate. Seit 13 Jahren unterhält die Provinzverwaltung den Laden, um regionale Spezialitäten dem Hauptstadt-Publikum schmackhaft zu machen. In diesem Jahr brummt das Geschäft. Der Gewinn werde sich wohl auf 100 Millionen Yen (knapp eine Million Euro) verdoppeln, sagt der Mann aus Iwate.
Iwate ist eine Provinz im Norden Japans. Auf Karten, die die radioaktive Belastung nach der Reaktorkatastrophe zeigen, reicht die gefährliche Markierung an die Region heran. Viel schlimmer ist aber die Zerstörung, die der Tsunami am 11. März anrichtete. Die Küste ist verwüstet, Dörfer sind verschwunden, die Fischindustrie existiert nicht mehr. Die Tokioter unterstützen die Tsunami-Region, sie kaufen im Iwate-Supermarkt mehr ein als jemals zuvor. Angst vor radioaktiver Verseuchung ist kein Thema. Bei den Touristen umso mehr.
Seit der Dreifach-Katastrophe im März - Erdbeben, Tsunami und Explosionen in den Atomreaktoren in Fukushima Dai-ichi - meiden die Reisenden das Land. Im Katastrophenmonat ging der Auslandstourismus, verglichen mit dem Vorjahr, um 70 Prozent zurück. Im Mai habe der Rückgang noch bei 50 Prozent gelegen, sagt Kenji Jimbo, Vizepräsident der nationalen japanischen Tourismusorganisation (JNTO). Während der innerjapanische Tourismus fast wieder auf dem üblichen Niveau ist, bereitet es den Touristen aus Übersee noch Unbehagen, in ein verwundetes Land zu reisen. Japan hat 23 000 Menschen verloren, noch immer leben rund 100 000 Entwurzelte in Notunterkünften.
Es ist aber vor allem die diffuse Furcht vor freigesetzter Radioaktivität aus Fukushima, das rund 250 Kilometer nordöstlich von Tokio liegt. So hört man als Japan-Reisender immer wieder dieselbe Frage: "Haben Sie keine Bedenken, verstrahlt zu werden?" In Deutschland steckt eine tiefe Verunsicherung dahinter. In Japan schwingt ein spöttischer bis sarkastischer Unterton mit: Ausländer, die Tokio nach dem Erdbeben schnell per Flugzeug verlassen haben, werden mitunter nicht "Gai-jin" (so bezeichnen Japaner alle Nichtjapaner), sondern ironisch "Fly-jin" genannt.
Die Zurückhaltung der Reisenden ist indes keine spezifisch deutsche Angst. Aus Deutschland kamen im Mai 2011 im Vergleich zum Vorjahresmonat 59,8 Prozent weniger Besucher. Für Südkorea, das mit Abstand wichtigste Land für den japanischen Tourismus, betrug der Rückgang 58,3 Prozent, aus China reisten 47,8 Prozent weniger Touristen ein. Die Tendenz ist aber wieder steigend. "Wir hoffen, dass wir im Herbst und Winter auf dem alten Niveau sein werden", sagt Tourismusmanager Jimbo und versichert, dass der Reisende keine Beeinträchtigung zu fürchten hat.
Wer nicht gerade in die Fukushima-Region fährt, die schon vor der Katastrophe kein bevorzugtes touristisches Ziel war, spürt wenig von der Katastrophe. Allenfalls ist es wärmer: Um Strom zu sparen, werden die Klimaanlagen zurückgedreht. In öffentlichen Gebäuden stehen sie jetzt nicht bei 18, sondern bei 25 Grad, wenn draußen feuchte 35 Grad herrschen. Den Heerscharen uniformierter Angestellter (schwarzer Anzug, weißes Hemd, Aktentasche) wurde Marscherleichterung erlaubt. Sie dürfen auf das Jackett verzichten, wenn sie ins Büro hetzen und abends nach dem obligatorischen Barbesuch mit Kollegen gut gelaunt zur U-Bahn wanken. Dort hängen Plakate, die zum Stromsparen aufrufen. Der Appell wird offenbar befolgt.
Blickt Wolfgang Krüger, Chef des noblen "Shangri-La"-Hotels, nachts aus dem 37. Stock auf Tokio, vermisst er das eine oder andere erleuchtete Highlight. Ihm komme Tokio nachts regelrecht "gedimmt" vor, sagt er. Tagsüber aber läuft die 13-Millionen-Einwohner-Stadt mit voller Kraft, vor allem um die großen Bahnhöfe herum. Die Station Shinjuku passieren, wie vor dem Erdbeben, täglich 3,5 Millionen Reisende, die Gegend ist weiterhin nobel und teuer. Auf der nahen Omotesando, einer französisch anmutenden Allee im Stadtteil Shibuya, geben sich Gucci- und Comme-des-Garçons-Kunden die Klinke in die Hand, als sei nichts geschehen. Unweit, in Harajuku, sind Jugendliche wie eh und je auf der Suche nach billiger und schriller Mode. Besucher aus Europa sieht man indes so gut wie nirgendwo in der Stadt.
Auch nicht an touristischen Brennpunkten wie dem Sensoji-Heiligtum in Asakusa, Tokios ältestem Tempelgelände. Dafür gehen hier Japaner ein und aus. In schweren Zeiten wie diesen kann ein zusätzliches Gebet, ein Wunschzettel, ein zusätzlich entzündetes Räucherstäbchen nicht schaden. Ein meterhoher Lampion am Eingangstor weist den Weg zum Tempel, gleichwohl wird das Viertel von einem anderen Gebäude dominiert: der Zentrale der Asahi-Brauerei, einem güldenen Hochhaus mit weißer Krone, dessen Form einem Bierglas nachempfunden ist, verantwortlich dafür ist der Architekt Philippe Starck. Fernöstlicher Tempel und westlicher Designer-Chic - ein typischer Kontrast in Japan.
Bisher war das Spannungsverhältnis zwischen verschlossenem Autarkie-Streben und weltoffener Ökonomiedenke in Japan scheinbar unter Kontrolle. Politik und Gesellschaft kennzeichnete der Wille zur Konfliktvermeidung und zum Konsens in allen Bereichen. Nach Fukushima aber gibt es eine spürbare Dissonanz, eine Vertrauenskrise der Institutionen. Die Zeitungen widmen viele Seiten der Atomenergie-Diskussion. Die Versäumnisse der Atommanager werden dokumentiert. Minister müssen dem öffentlichen Druck weichen. In Umfragen sprechen sich bis zu 70 Prozent der Befragten gegen Kernenergie aus. Widerstand regt sich. Auch Reiseführerin Chigiri Sahashi hat sich politisiert. Die resolute 60-Jährige ist einer Bürgerbewegung gegen Atomkraft beigetreten.
Ihre Mitglieder treffen sich aber nicht zur Demo auf der Straße, sondern im Internet. Im Netz werden auch die aktuellen Strahlenwerte veröffentlicht. Abgesehen von der Region um das Kernkraftwerk Fukushima sind sie unbedenklich, für Tokio werden sogar niedrigere Werte gemeldet als für New York oder Berlin. Der TÜV Rheinland liefert der deutschen Botschaft täglich selbst gemessene Strahlenwerte. Sie unterscheiden sich nicht wesentlich von den japanischen Messergebnissen. Es sieht also so aus, als sei alles im grünen Bereich.
In Tokio glaubt man nur zu gern daran. Fünf Uhr morgens, auf dem Tsukiji-Fischmarkt läuft schon lange alles wie früher. Nur in den ersten Tagen nach dem Beben herrschte Flaute, längst wird in den Auktionshallen wieder der Thunfisch gehandelt, tonnenweise. Mit Taschenlampen kontrollieren die Händler das Fleisch. An ihren Ständen schneiden sie vor den Augen der Kunden mit langen Messern feine Tranchen ab. Man achtet auf Qualität und gibt viel Geld für erstklassige Ware aus, wie vor der Katastrophe. Auch die Sushi-Lokale neben dem Markt sind gut besucht wie eh und je. Die Frage, ob der leckere Fisch, der hier serviert wird, vielleicht gestern noch im Pazifik am Kraftwerk Fukushima vorbei geschwommen ist, stellt sich offenkundig niemand; Geigerzähler hat jedenfalls kein Besucher dabei.
Je weiter die Reise von Tokio nach Südwesten geht, umso mehr verblassen die Gedanken an die Katastrophe. Am hoch gelegenen Ashinoko-See in der Region Hakone suchen die Tokioter Ruhe und klare Luft. Letzteres finden sie nur bedingt vor, denn hier ist vulkanisches Land, es dampft und raucht aus Felsspalten und riecht nach Schwefel. Das war aber auch vor dem Erdbeben schon so, deshalb betreibt man hier "business as usual" und steigt zur kontemplativen Entspannung in die traditionellen Onsen, die Gemeinschaftsbäder mit Blick in die grüne Natur, die mit dem warmen, schwefelhaltigen Wasser gespeist werden. Mit etwas Glück verzieht sich sogar der Wolkenturm, der hartnäckig den 3776 Meter hohen Fujisan verdeckt.
Geschäftig geht es auch zwei Zugstunden weiter südlich zu, in Kyoto. In der alten Kaiserstadt fällt die Orientierung leicht. Die Straßen sind schachbrettartig angeordnet, es gibt viele Straßenschilder mit lateinischen Buchstaben. Paläste, Tempel, Schreine und andere Weltkultur-Erbstücke sind einfach zu erreichen, viele Guides sprechen passabel Englisch - man hat sich in Kyoto gut eingestellt auf Besucher, vor allem auf ausländische. Doch anders als vor dem Beben bleiben diese Besucher jetzt aus, man begegnet kaum einem europäischen Touristen.
Trotzdem ist die Stadt lebhaft, aber nur dank japanischer Urlaubergruppen. Das Manga-Museum ist für Comic-Fans Pflicht und bestens besucht. Im Gion-Viertel mit seinen alten Holzhäusern reihen sich ausgezeichnete Restaurants und Bars aneinander, sie sind brechend voll. Hier kann man auch Maikos besuchen, junge Mädchen, die sich zur Geisha ausbilden lassen. Maskenhaft geschminkt und in Kimonos gekleidet empfangen manche auch Touristengruppen und berichten von ihrem Beruf, den zu erlernen fünf Jahre dauert. Erst dann sind sie perfekte Tänzerinnen, Sängerinnen, Künstlerinnen, Gastgeberinnen. Sie sehen ihren Beruf als Berufung, als absolut ehrenwert. Fragen von Westlern, ob es nicht an der Zeit wäre, ihr überkommenes Rollenbild zu überdenken, quittieren sie mit Unverständnis.
Dieses gegenseitige Nicht-Verstehen des Lebensgefühls, des Wertesystems des anderen, scheint symptomatisch zu sein, auch jetzt, in Zeiten der Krise. Yvonne ist ein weiteres Beispiel hierfür. Die 23-Jährige ist "Goodwill Guide", die es an vielen touristischen Stätten in Japan gibt: Englisch sprechende Rentner, Hausfrauen, Studenten, die Spaß daran haben, Besuchern kostenlos ihre Stadt zu zeigen. Yvonne studiert Wirtschaft und Tourismus in Kyoto. Am 11. März, dem Tag des großen Bebens, war sie in Singapur. Am nächsten Tag, als viele Westler Japan fluchtartig verließen, flog sie zurück nach Kyoto. Für sie war das keine Frage.
Freitag, 17. Juni 2011
Gesundheit aktuell
Tees von Chasen unbedenklich genießbar
Heute haben wir von dem unabhängigen Lebensmittellabor 'Dr. Georg Kurz GmbH' die Meßergebnisse des japanischen Labors bestätigt bekommen. In den Teeblättern der Region Uji wurde keine erhöhte Strahlung gemessen.
Donnerstag, 16. Juni 2011
25ste Sommerfest der DJG Berlin
Am Samstag, den 18. Juni, findet im FU-Clubhaus (Goethestr. 49, 14163 Berlin) das 25ste Sommerfest der DJG statt.
CHASEN wird den diesjähringen neuen Shincha 'Hanami' aus Uji zum Kaufen und Probieren anbieten.
Geschrieben von B.Wohlleben
um
11:22
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